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Pflegefall: Die Tragödie des großen Fußballers Helmut Haller
Zur Bundesliga-Premiere vor drei Monaten hatte der FC Augsburg seine berühmtesten Spieler geladen, jenes legendäre Team, das im Sommer 1974 nur knapp am Aufstieg in die erste Liga gescheitert war. Die meisten kamen. Heiner Schuhmann zum Beispiel, Stefan Motzet und Hans Jörg. Auch Helmut Haller, 72, der größte Star, war dabei. Haller ist ein Idol der Stadt, nicht nur der Fußballszene.
Wenn es um Augsburger Persönlichkeiten geht, dann folgt auf Jakob Fugger und Berthold Brecht schon Haller. An jenem Augusttag nun traf er die einstigen Kollegen im „Milano“, einem italienischen Restaurant in der Kapuzinergasse, es gab Pizza und Pasta. Doch als die anderen nach dem Essen zum Spiel gegen Freiburg aufbrachen, musste Haller sich verabschieden. Sein Körper ließ nicht zu, dass er sie begleitet.
Manchmal verwechselt er die Ergebnisse
Helmut Haller leidet unter Demenz im fortgeschrittenen Stadium. An den Sommertag im „Milano“ kann er sich nicht mehr erinnern. Wenn am Sonntag seine Augsburger den FC Bayern empfangen, wird Haller zu Hause vor dem Fernseher sitzen. Ob er auch danach das Geschehene noch zuordnen kann, ist fraglich. „Er schaut gerne Fußball im Fernsehen“, sagt seine Tochter Karin. Nur verwechsle er manchmal die Ergebnisse.

Haller lebt bei seiner Tochter, sie kümmert sich liebevoll um ihn. Den Alltag kann er längst nicht mehr allein bewältigen, selbst bei einfachen Dingen benötigt er Hilfe. Zum Gehen braucht er einen Rollator, beim Essen jemanden, der ihm die Hand führt. Tagsüber, wenn seiner Tochter arbeitet, ist eine Haushaltskraft zugegen. Es ist eine finanzielle Belastung, wie für jede Familie mit Demenzkranken. Vor allem aber ist es eine seelische Bürde und im Falle von Hallers Tochter Karin auch eine extrem körperliche. Muss Haller im Haus die Treppe hinauf in den ersten Stock, trägt ihn seine Tochter auf dem Rücken. Fünf Bandscheibenvorfälle hatte sie bereits. „Man hat nur einen Papa“, sagt sie, „und er war immer gut zu uns.“
Demenz ist eine schleichende Krankheit, sie verschärft sich langsam und führt bis zur Immobilität. Wenn sich das Gehirn zersetzt, zersetzt sich der ganze Körper. Haller ist einer von mehr als einer Million Betroffenen in Deutschland. Die Krankheit beginnt meistens damit, dass Vertrautes nicht mehr vertraut ist. Bei Haller war das vor zwei Jahren. Eine Herz-Operation hatte er zuvor überstanden, danach waren die ersten Anzeichen unverkennbar, erzählt Giacomo Belardi.
"Ich weiß nicht, ob er mich überhaupt erkennt"
Belardi ist einst mit Haller aufgewachsen, sie haben beide für Augsburg gespielt, später war Belardi sein Manager. „Wenn ich ihn heute besuche“, sagt Belardi, liege er nur apathisch auf der Liege. „Er schaut mich mit großen Augen an. Ich weiß nicht, ob er mich überhaupt erkennt.“ Belardi erzählt ihm dann Geschichten von früher, der Zeit in Italien etwa. „Manchmal, wenn ich ihm ein Stichwort gebe wie zum Beispiel FC Bologna, dann meine ich, ein leichtes Lächeln bei ihm wahrzunehmen.“
Bologna, Turin, knapp 50 Jahre ist das her. Haller war ein außergewöhnlich guter Fußballer. 1962 ging er von Augsburg nach Bologna und machte die Italiener zu Deutschland-Fans. In den Gazetten würdigten sie ihn als „den ersten großen Deutschen in Italien“ – zwei Jahrzehnte nach der Besetzung Mittel- und Oberitaliens durch die Nazis. Sie liebten ihn, weil er Spielwitz, Technik und Eleganz vereinte und wie sie „La Dolce Vita“ liebte. Schnelle Autos, Fußball, schöne Frauen: Er war so etwas wie ein Popstar der Szene, ohne sich den Fans zu entziehen. Er bekam eine Bühne, die vorher noch keinem deutschen Fußballer gegeben wurde, nicht im eigenen Land und schon gar nicht in der Ferne. „In Italien bin ich heute noch bekannter als in Deutschland“, hatte er kurz vor seinem 70. Geburtstag gesagt.
Fußballer des Jahres in Italien
Es sind kleine Episoden, die das dokumentieren. Vor ein paar Jahren etwa, Haller gab einem TV-Sender mitten in Bologna ein Interview, erkannten Passanten „il biondo“, den Blonden. Sie hätschelten ihn und bedankten sich für die süßen Erinnerungen an jene Zeit, als Bologna 1964 mit Haller den einzigen Nachkriegsmeistertitel gewann. Im gleichen Jahr wählten ihn die Italiener zum Fußballer des Jahres, er war der erste Ausländer, dem das gelang. Für eine Privataudienz durfte Haller zum Papst, höher kann ein Fußballer in Italien nicht hinaus kommen.
Sein wichtigstes Spiel aber war das WM-Finale 1966 im Londoner Wembleystadion. Deutschland gegen England, Haller traf zum 1:0, sein sechster Treffer im Turnier, am Ende jubelten dennoch die Engländer über ein 4:2 und das legendäre Wembleytor. „Trotzdem war es das schönste Turnier meiner Karriere“, sagte Haller Jahrzehnte später.
Juventus Turin zahlte drei Millionen Mark
Für Haller ging es in diesem Tempo weiter, 1968 wechselte er zu Juventus Turin für die damals utopisch anmutende Summe von drei Millionen Mark. Nach zwei weiteren Meistertiteln und einem verlorenen Endspiel im Landesmeisterpokal (0:1 gegen Ajax Amsterdam) kehrte er mit 34 nach Augsburg zurück. Was blieb, war die Euphorie um ihn. „Haller-Haller-Hallerluja“ sangen die Fans im Rosenaustadion. Er löste einen Boom in Augsburg aus, vergleichbar mit jenem nach dem Bundesliga-Aufstieg in diesem Sommer.
„Haller ist der populärste Fußballer Augsburgs, ohne Wenn und Aber“, sagt FCA-Manager Andreas Rettig. Den Platz vor dem neuen Stadion haben sie nach ihm benannt. Einen „perfekten Fußballer“ nennt ihn auch Armin Veh. Der jetzige Eintracht-Frankfurt-Trainer ist ein Freund der Familie. Mit Haller spielte er in dessen letztem Profijahr in Augsburg. „Helmut war der Beste, den ich in meiner Laufbahn erlebt habe.“
Privat lief es weit weniger gut. Drei Ehen gingen in die Brüche. Die letzte, Haller war schon weit über 60, ging er mit der 42 Jahre jüngeren Kubanerin Noraimy ein. Neben seinen Kindern sind es manch ehemalige Kollegen, die Haller geblieben sind. So wie Uwe Seeler, der einmal im Monat bei Hallers Tochter anruft, um sich nach dem Befinden seines Freundes zu erkundigen. Wenn Seeler über Haller erzählt, dann sind es immer wieder Anekdoten aus vergangenen Tagen, die Haller als einen Spaßvogel beschreiben, einer wie es heute Münchens Franck Ribery ist. „Wenn Helmut still war, dann führte er was im Schilde, das war sein Markenzeichen. Man musste immer aufmerksam sein, dass man nicht in seine Falle tappte.“
Balldieb beim WM-Finale 1966
Die Engländer hatten 1966 nicht aufgepasst. Es war die Szene, die Haller den Beinamen „Balldieb“ einbrachte. Als der Schiedsrichter das WM-Finale abgepfiffen hatte, da lag der Ball vor seinen Füßen. Er schnappte ihn sich, schmuggelte ihn an Queen Elizabeth vorbei, ließ sich auf dem Bankett gar noch Autogramme geben. Und so landete der Ball eben im Haus der Familie Haller.
Erst 30 Jahre später, wenige Wochen vor der EM 1996 in England, erinnerte man sich dort daran, dass ein wesentliches Stück englischer Fußballgeschichte fehlt. Und was machte Haller? Er gab den Ball zurück. Doch auch das weiß er heute nicht mehr.
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Kategorie: Meine Artikel | Hinzugefügt von: sorvynosov (06.11.2011) W
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