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Kapitolinische Museen: Die dunklen Geheimnisse der Römischen Kirche
Das Geheimarchiv des Vatikans ist so geheim wie fast alle Privatarchive. Denn das ist es zuerst: das Privatarchiv des Papstes und all seiner Vorgänger. Einerseits. Andererseits gibt es zu diesem Speicher der historischen Erinnerung weltweit keinen Vergleich. Das macht die Ausstellung so spektakulär, in der jetzt der Vatikan 100 seiner zahllosen Schätze in den Kapitolinischen Museen in Rom ausstellt.
„Lux in Arcana“ heißt die Ausstellung, „Licht ins Geheime“. Der Titel ist eine vornehme Übertreibung. Erstens, weil die Exponate aus konservatorischen Gründen nicht im Licht, sondern in schummriger Dämmerung liegen. Und zweitens, weil schon Pius IX. im Jahr 1881 Teile des Archivs für einige wenige Historiker geöffnet hatte, und diese Erlaubnis hat jeder seiner Nachfolger sukzessive erweitert.
Auch das Wormser Konkordat wird gezeigt
Davon machen derzeit pro Jahr circa 1500 Wissenschaftler aus mehr als 50 Nationen Gebrauch. So ganz geheim ist das Geheimarchiv also schon länger nicht mehr. Warum die Päpste der historischen und erst recht der publizistischen Zunft aber nicht einfach eine Carte blanche zur Durchforstung des einzigartigen Speichers erteilen, erweisen jetzt höchst eindrucksvoll die Dokumente, in denen sich das Archiv vor der Öffentlichkeit offenbart wie nie zuvor.
Es sind allesamt Ikonen der Weltgeschichte, unersetzbare Schätze, gehoben aus einer der größten Schatzkammern der Erde. Fast wundert es, dass nicht jede Vitrine von einem Schweizergardisten bewacht wird. Der Besucher kann zum Beispiel die Bannbulle gegen Martin Luther vom 3. Januar 1521 bewundern, das berühmte „Decet Romanum Pontificem“ Leos X. in kleiner, feiner Kanzleischrift aus dem Zeitalter des Grobianismus.
Es ist nie zuvor öffentlich gezeigt worden. Einmalig auch das Dokument, in dem am 23. September 1122 Kaiser Heinrich V. und Papst Calixtus II. den Investiturstreit beilegten. Erst knapp 600 Jahre später erhielt es von Gottfried Wilhelm Leibniz den Namen, unter dem es heute jeder kennt: das Wormser Konkordat. Kartografierte Weichenstellungen der europäischen Vergangenheit.
Von vielen Exponaten kann man gut verstehen, warum sie lange unter Verschluss gehalten wurden – weil sie keine Ruhmesblätter für die Kirche sind. Das gilt etwa für das Todesurteil gegen den Priester Giordano Bruno von 1597, der als Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde.
Das gilt auch für das purpurfarbene Pergament des 10. Jahrhunderts, auf dem eine Reihe von aberwitzigen Versprechungen Ottos I. an die Päpste in goldenen karolingischen Minuskeln festgelegt wurde, oder natürlich für die Konstantinische Schenkung, die berühmteste Lüge der Welt: eine im Mittelalter entstandene gefälschte Urkunde, die vorgibt, aus der Zeit Kaiser Konstantins des Großen zu stammen.
Der Text behauptet, Konstantin habe dem Papst die Hälfte des Römischen Weltreichs geschenkt. Eine so absurde Erfindung, dass sie schon im Mittelalter kaum einer geglaubt hat – was die Päpste nicht daran hinderte, sich jahrhundertelang auf dieses vermeintliche Rechtsdokument zu beziehen.
Galileo suchte Frieden mit dem Papst
So einzigartig solche Artefakte sind: Es sind weniger die Einzelstücke als das sinnliche Gesamt dieser archivarischen Entäußerung, das den Besuchern den Atem verschlägt. Einen besseren Ort außerhalb des Vatikans kann man sich für diese Ausstellung kaum vorstellen als die Kapitolinischen Museen.
Gleich hinter dem Eingang finden wir die eigenhändig signierte Urkunde von Galileo Galileis feierlicher Abschwörung von seinen angeblichen Fehlern („abiuro, maledico e detesto li sudetti errori et heresie“). Sie liegt genau unter der Statue seines großen Widersachers Urban VIII. Solche Kollisionen fügen sich zum didaktischen Meisterwerk.
Der große Bildhauer Gian Lorenzo Bernini stellt dem Vatikan eine Rechnung über 150 Scudi für die beiden einzigen Engel auf der Engelsbrücke, die er selbst geschaffen hat: einen mit einer Dornenkrone, einen mit dem Kreuzestitel. Wir sehen die päpstlich approbierte Regel des heiligen Franziskus neben dem Dokument englischer Parlamentsmitglieder mit hundert Siegeln.
Sie bestürmen (vergeblich) Papst Clemens VII., er möge die Ehe Heinrichs VIII. annullieren, der doch ein päpstlich anerkannter Verteidiger des katholischen Glaubens war. Es gibt sogar einen handgeschriebenen Brief Lukrezia Borgias an ihren Vater, Papst Alexander VI. Ein paar Schritte weiter liegt dessen Bulle „Inter Caetera“ von 1494. Darin teilt er, nur ein Jahr nach der Entdeckung Amerikas, die neue Welt in einen spanischen und einen portugiesischen Teil auf.
Mozart bekommt von Clemens XIV. einen Orden, und Ojibwa-Indianer aus dem Gebiet der Großen Seen und „des hohen Grases“ wenden sich gut hundert Jahre später auf einem Schreiben auf Birkenrinde an Leo XIII. als den „großen Meister des Gebets“. Die Verhörprotokolle im Prozess gegen den Orden der Templer im Jahr 1308 füllen eine Rolle von 60 Metern Pergament.
Teresa von Avila lässt sich 1577 in fliegender Hast über das „Martyrium des Schreibens“ aus. Maria Stuart schreibt 1587 aus ihrer Todeszelle auf Französisch an Papst Sixtus V.: „En ma fin gît ma commencement“ (In meinem Ende liegt mein Beginn), nicht weit von der Vitrine mit dem Billet Marie Antoinettes aus der Todeszelle an ihren Schwager, den späteren französischen König Karl X.
Voltaire umschmeichelte den Papst
In der Nähe liegt auch der Brief, in dem der treue „Diener Voltaire“ am 10. Oktober 1745 Benedikt XIV. als den „Vater der Welt“ umschmeichelt, mit Komplimenten für dessen exzellentes Latein. Voltaire erlaubt sich, dem Pontifex mit gleicher Post sein jüngstes Werk über den Propheten Mohammed zu empfehlen.
Tempi passati. Und dennoch: In all diesen Exponaten hat sich die Zeit quasi materialisiert. Es ist die Metamorphose der Weltgeschichte zu einem großen Haus mit vielen Räumen, in dem Mongolisch, Arabisch, Quechua, Englisch und doch vor allem Latein gesprochen und verstanden wird, die Sprache also, auf die keine Nation einen Sonderanspruch hatte. Das Geheimarchiv ist ein Gedächtnis der Völker.
„Lux in Arcana“, Rom, Kapitolinische Museen. Bis 9. September.
Kategorie: Meine Artikel | Hinzugefügt von: sorvynosov (08.03.2012) W
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