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In der Javasee: Die letzte Schlacht des Imperiums der Niederlande
Die Niederlande in Trauerstimmung. Mit dem schweren Hirnschaden, den Prinz Johan Friso bei einem Lawinenunfall in Österreich erlitten und der ihn wohl für den Rest des Lebens in Wachkoma getrieben hat, ist die Passionsgeschichte des Königshauses um ein trauriges Kapitel reicher. Man denke nur an den Anschlagsversuch auf Königin Beatrix, bei dem 2009 sieben Menschen starben. Doch der Auftrag, der Kronprinz Willem-Alexander jetzt in die Kloosterkerk in Den Haag führte, reichte über die dynastische Geschichte weit hinaus.
Viele Niederländer, darunter zahlreiche Veteranen des Zweiten Weltkrieges, waren zusammengekommen, um der letzten großen Schlacht zu gedenken, die die Kolonialmacht Niederlande geführt hat. Vor 70 Jahren, am 27. und 28. Februar, versuchte die "Osteingreifflotte" unter Karel Doorman, die japanische Invasion Indonesiens in letzter Minute zu vereiteln. In der größten Seeschlacht seit dem britisch-deutschen Kräftemessen im Skagerrak 1916 verlor der niederländische Admiral fünf Kreuzer und sein Leben. Es war das Ende des niederländischen Imperiums in Ostasien.
Der Besuch von Willem-Alexander, der seine ebenfalls geladene Mutter vertrat, erinnert an eine Epoche, in der die Niederlande keineswegs der moderne, liberale Staat waren, für den die Oranier heute stehen. Anfang des 17. Jahrhunderts hatten schwerbewaffnete niederländische Handelsflotten den Portugiesen das Monopol im Ostasienhandel abgerungen und auf den geheimnisumwitterten Gewürzinseln ein Kolonialreich errichtet.
Nach dem Bankrott der Verenigde Oost-Indisch Compagnie 1798 hatte der Staat ihre Hinterlassenschaft übernommen und daraus ein lukratives Geschäft gemacht, indem er ein Fünftel der landwirtschaftlichen Erträge abschöpfte und auf den Welthandel brachte. Hinzu kamen große Vorkommen von Öl, Gummi, seltene Metalle, Hölzer – strategische Schätze, die die aufstrebende japanische Großmacht dringend benötigte.
Als das Kaiserreich am 7. Dezember 1941 die US-Flotte in Pearl Harbor vernichtete, ging es vor allem darum, für die Eroberung Ostasiens freie Hand zu bekommen. In kombinierten See- und Landoperationen überrannten die Truppen des Tenno Hongkong, die Philippinen, Malaya. Am 15. Februar 1942 kapitulierte die für uneinnehmbar gehaltene britische Kolonialfestung Singapore mit mehr als 130.000 Mann vor einer Streitmacht, die nicht einmal die Hälfte betrug. Schon begannen die Landungen auf den Inseln Indonesiens.
Die letzte Streitmacht, die zwischen den Japanern und der Metropole Niederländisch-Indiens, Batavia (das heutige Jakarta) stand, war ein kombiniertes Kreuzergeschwader aus niederländischen, britischen, australischen und amerikanischen Schiffen, die von zahlreichen Zerstörern begleitet wurden. Die meisten britischen Flugzeuge waren bei den Kämpfen um Malaya zerstört worden, Divisionen waren zum Schutz Indiens und Ägyptens abgezogen worden. Die niederländischen Truppen auf Java waren nur mit zweitklassigem Material ausgerüstet.
Nachdem Aufklärer das Anlaufen japanischer Truppenkonvois gemeldet hatten, stach Doorman mit zwei Schweren, drei Leichten Kreuzern und neun Zerstörern nach Norden in See. Ihm stand die Deckungsgruppe unter dem japanischen Admiral Takeo Takagi gegenüber, die zwar nur über zwei Schwere und zwei Leichte Kreuzer verfügte, aber auch über eine Superwaffe: die 60-Zentimeter-Torpedos vom Typ "Langspeer". Flugzeugträger, die bald den Pazifik beherrschen sollten, waren nicht beteiligt.
Die größte Schlacht seit Skagarrak
In der Abenddämmerung trafen die beiden Flotten aufeinander. Es entwickelte sich ein Artillerieduell, bei dem die Alliierten bald erste Treffer hinnehmen mussten, ein Kreuzer fiel aus. Noch problematischer war, dass Doorman viele Zerstörer zurückschicken musste, weil sie ihren Brennstoff nahezu aufgebraucht hatten. Bis dahin war nur ein Zerstörer Opfer der überlegenen japanischen Torpedos geworden. Doch sollte sich das in der Nacht ändern.
Während Doorman erneut die nachrückenden Japaner angriff, erreichten weitere kaiserliche Kriegsschiffe das Schlachtfeld. Ihrem Torpedoangriff fielen die verbliebenen niederländischen Kreuzer zum Opfer, darunter die "De Ruyter", Doormans Flaggschiff. Die "USS Houston" und die "HMS Perth" entkamen, um in der Nacht darauf von den Japanern gestellt und vernichtet zu werden. Kurz darauf überrannten ihre Landungstruppen die niederländische Verteidigung, die am 12. März 1942 in Bandung kapitulierte.
Nationalbewegung gegen Kolonialherren
Anders als auf den Philippinen, wo sich eine einheimische Guerilla-Bewegung entwickelte, akzeptierte die Bevölkerung Indonesiens die japanische Besatzung. Das hing nicht zuletzt daran, dass die Niederländer, anders als die Briten in Indien, den einheimischen Eliten nie den Zugang zu westlicher Bildung und entsprechender sozialer Akzeptanz eröffnet hatten. Zwar machte die brutale Ausbeutung des Landes auch die Japaner bald unbeliebt, doch das Ergebnis war das Entstehen einer Nationalbewegung, die 1945 schließlich den Kampf gegen die zurückkehren Kolonialherren aufnahm.
Obwohl die Niederlande in dem Befreiungskampf mehr als 100.000 Mann einsetzten, erwiesen sich die einheimischen Guerillakämpfer als die Stärkeren, nicht zuletzt, weil das brachiale Vorgehen der Kolonialtruppen die Weltöffentlichkeit gegen die Europäer einnahm. 1949 entließ Den Haag sein ostasiatisches Reich in die Unabhängigkeit.
Damit endete die Epoche der Kolonialmacht, der die Niederlande unter anderem ihr Goldenes Zeitalter der Künste verdanken. Der Besuch von Prinz Willem-Alexander erinnert daran, dass das kleine Land im Herzen Europas lange Zeit eine überseeische Geschichte hatte.
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Kategorie: Meine Artikel | Hinzugefügt von: sorvynosov (28.02.2012)
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