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Ifo-Berechnungen: Bund haftet mit 560 Milliarden für Krisenländer
Die Bundesregierung ist im Zuge der Rettungsaktionen zugunsten angeschlagener Euro-Länder inzwischen hohe Haftungsrisiken eingegangen. Sie übersteigen das Volumen des gerade verabschiedeten Bundeshaushalts für das kommende Jahr (306 Milliarden Euro) um mehr als 80 Prozent. Das zeigt eine neue Berechnung des Münchener Ifo-Instituts, die der „Welt am Sonntag“ vorliegt.
Die Bundesregierung ist im Zuge der Rettungsaktionen zugunsten angeschlagener
Euro-Länder inzwischen Haftungsrisiken eingegangen, die das Volumen des
gerade verabschiedeten Bundeshaushalts für das kommende Jahr (306 Milliarden
Euro) um mehr als 80 Prozent übersteigen. Das zeigt eine neue Berechnung des
Münchner Ifo-Instituts, die der „Welt am Sonntag“ vorliegt
Der größte Einzelposten besteht mit 253 Milliarden Euro aus den Garantien, die
Deutschland gegenüber dem Rettungsschirm EFSF abgegeben hat. Zweitgrößter
Posten sind mit 172 Milliarden Euro die „Target“-Kredite der Bundesbank.
Griechenland, Irland, Italien, Portugal und Spanien: Bei einem Zahlungsausfall
aller dieser Krisenländer kämen auf den deutschen Staat
Zahlungsverpflichtungen im Umfang von bis zu 560 Milliarden Euro zu, haben
die Ifo-Experten errechnet.
Im Extremfall – bei einem Zahlungsausfall von Griechenland, Irland, Italien, Portugal und Spanien – kämen auf den deutschen Staat Zahlungsverpflichtungen im Umfang von bis zu 560 Milliarden Euro zu, haben die Ifo-Experten errechnet. Der größte Einzelposten besteht mit 253 Milliarden Euro aus den Garantien, die Deutschland gegenüber dem Rettungsschirm EFSF abgegeben hat. Zweitgrößter Posten sind mit 172 Milliarden Euro die „Target“-Kredite der Bundesbank.
Bund kann Anleihen nicht plazieren
Die immensen Haftungsrisiken der Bundesregierung müssen nicht unmittelbar damit zu tun haben, aber die misslungene Platzierung von Bundesanleihen hat die Märkte aufgeschreckt: Am Mittwoch war Deutschland beim Versuch gescheitert, sich an den Kapitalmärkten für die nächsten zehn Jahre sechs Milliarden Euro zu leihen. Zwar ist es nicht das erste Mal, dass der Verkauf von Bundesanleihen fehlschlägt. Doch die Nachricht kommt in eine Zeit, in der keine Frage die Wirtschaft mehr bewegt als diese: Wer leiht Europas Staaten künftig noch Geld? Die gescheiterte Platzierung von Bundesanleihen, die sonst nur Finanzprofis interessiert hätte, wird so zum Alarmzeichen für den ganzen Kontinent. Das Misstrauen der Investoren gegenüber der Euro-Zone hat offensichtlich ein neues Niveau erreicht. Selbst Deutschland gibt man nicht mehr grenzenlos Geld, zumindest nicht zu mickrigen Zinsen, wie sie allenfalls eine völlig risikolose Anlage rechtfertigen würde.
Notenpresse anwerfen
Immer lauter werden da die Rufe nach einer „Bazooka“, nach einem Kampf gegen die Schuldenkrise mit dem allergrößten Kaliber – der Europäischen Zentralbank (EZB), die mittels Notenpresse massiv Staatsanleihen aufkaufen solle, um die Zinsen zu drücken. Sparen alleine, so hallt es aus der Finanzwelt, das reiche nicht mehr.
Andere Experten verweisen dagegen entnervt darauf, dass man mit dem Sparen in den meisten Ländern noch nicht ernsthaft begonnen habe. Ob es dafür schon zu spät ist, ist umstritten – dabei könnte genau diese Frage darüber entscheiden, was aus dem Euro wird. Die Misstrauenswelle gegen alle, die in Euro tilgen, begann Mitte Juli. Damals einigten sich die EU-Staaten auf einen Schuldenschnitt für Griechenland. Erstmals sollten Investoren mit Anleihen eines Euro-Landes Geld verlieren. Vorher sei ein solcher Schritt von Anlegern überhaupt nicht für möglich gehalten worden und deshalb auch nicht in Form eines Risikoaufschlags eingepreist gewesen, so Christian Gattiker, Chefstratege der Bank Julius Bär: „Nun haftet jedem Mitglied der Euro-Zone ein Stigma an.“
Vertrauen in Staaten schwindet
Daher schmilzt das Vertrauen immer weiter, zuerst in Länder wie Spanien und Italien, zuletzt sogar in Frankreich, und selbst Deutschland gilt nicht mehr als unverwundbar. Nicht einmal der Rücktritt des unzuverlässigen italienischen Premiers Silvio Berlusconi brachte spürbare Entlastung. Der Dauerbeschuss des Landes sei aus Sicht der Investoren völlig rational, sagt Markus Brunnermeier, Ökonomie-Professor in Princeton: „Auch wenn die Forderung der Märkte erfüllt ist, dass Berlusconi abtritt, so halten sie dennoch den Druck so lange aufrecht, bis die Regierung die notwendigen Sparmaßnahmen gesetzlich durchgedrückt hat.“
Doch was dann? Würden die Investoren dann Ruhe geben und etwa wieder italienische Staatsanleihen zu bezahlbaren Zinsen kaufen? In der Finanzwelt scheint man daran nicht mehr zu glauben. Die meisten Investoren hätten Italien-Anleihen zuletzt vor allem deshalb gekauft, weil sie unterschwellig davon ausgingen, dass der Rest der Euro-Zone im Fall der Fälle einspringen werde. Modell 1Einer für alle, alle für einen Die erste Variante ist die weitgehendste: Sie sieht vor, dass sämtliche Staatsanleihen im Euro-Raum auf Euro-Bonds umgestellt werden. Die einzelnen Länder würden aufhören, eigene Bonds auszugeben. Stattdessen würden nur noch Gemeinschaftsanleihen aufgelegt, die eine europäische Schuldenagentur an den Start bringen würde. Schulden und Haftung in der Währungsunion würden auf diesem Weg komplett vergemeinschaftet. VorteilInternationale Investoren, die gerade in unsicheren Zeiten händeringend nach liquiden Anlagen suchen, dürften den neuen Markt sehr gut annehmen. Zudem würden die großen Ratingagenturen die Kreditwürdigkeit der Euro-Zone insgesamt betrachtet aller Wahrscheinlichkeit nach mit Spitzenbonität bewerten. NachteilDie EU-Verträge müssten geändert werden, die Haftungsübernahmen zwischen den Ländern verbieten. Zudem dürfte die Vorbereitung lange dauern. Modell 2Im roten Bereich ist jeder auf sich allein gestellt Die zweite Variante sieht nur eine teilweise Ablösung einzelstaatlicher Anleihen durch Euro-Bonds vor. Bis zu einem bestimmten Grad würden die Länder sich über gemeinschaftliche Anleihen, sogenannte „Blue Bonds", refinanzieren. Anbieten würde sich beispielsweise die durch die Maastricht-Kriterien vorgegebene Schuldenobergrenze von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Jeglichen Refinanzierungsbedarf darüber hinaus müssten die Staaten über eigene Anleihen, die sogenannten „Red Bonds", decken. VorteilTrotz gemeinsamer Haftung könnten die Finanzmärkte weiterhin zwischen den einzelnen Ländern differenzieren, so dass die Anreize für Haushaltsdisziplin hoch blieben. NachteilÄnderung der EU-Verträge nötig. Modell 3Gemeinsame Bonds ohne gemeinsame Haftung Beim dritten Modell würden die Euro-Länder ihren Finanzbedarf zwar zum Teil über gemeinschaftliche Anleihen aufnehmen, allerdings nur anteilig haften. Der Grundgedanke, die Kreditwürdigkeit der einzelnen Euro-Staaten zu bündeln, um gemeinsam eine stärkere Position zu erreichen, ist in diesem Modell nur noch begrenzt vorhanden. Vermutlich würde die Vergemeinschaftung nicht ausreichen, um Investoren ihr Misstrauen zu nehmen. Den Krisenländern würde der Zugang zum Kapitalmarkt somit kaum erleichtert. Zudem haben Ratingagenturen bereits durchblicken lassen, Eurobonds dieser Machart mit der Note des bonitätsschwächsten Landes zu bewerten. VorteilIm Gegensatz zu den ersten beiden Modellen wäre keine Änderung der EU-Verträge nötig. Quelle: dpa Wenn das nicht mehr gelte, gebe es nicht mehr genug Geldgeber für ein Euro-Land mit durchwachsenem Rating, sagt Siegfried Jaschinski, Vorstand der Mainfirst-Bank, die institutionelle Investoren betreut. Der Schluss daraus: Zumindest ein Teil der Schulden müsse vergemeinschaftet werden. „Der Kapitalmarkt ist wie ein scheues Reh“, sagt Aareal-Bank-Chef Wolf Schumacher. Inzwischen habe die Unruhe einen kritischen Punkt erreicht: „Die Märkte lassen sich nur noch beruhigen, wenn die EZB flächendeckend Staatsanleihen kauft.“
Nur die Konsolidierung hilft
Doch was manche für eine Erlösung halten, ist für andere nur ein Selbstmord aus Angst vor dem Tod. „Eine Intervention beruhigt vielleicht tatsächlich die Märkte eine Weile“, sagt Hans-Peter Burghof, ein Finanzprofessor aus Hohenheim. „Aber was nützt Beruhigung, wenn einzelne Länder faktisch doch pleite sind?“ Anleihenkäufe durch die EZB oder Euro-Bonds „heben das Problem nur auf eine höhere Ebene“, so der Ökonom. Langfristig helfe nur eine konsequente Konsolidierungspolitik. Diese Position vertreten auch Bundesbank und Bundesregierung – doch sie stehen damit eher einsam da. „Jedes Sparprogramm braucht Zeit, bis es umgesetzt ist“, sagt Wolfgang Leoni, Vorstandsmitglied und oberster Anlagestratege bei der Deutsche-Bank-Tochter Sal. Oppenheim. „In der Zwischenzeit muss die EZB die Finanzierung sicherstellen.“ Das ist die Position vieler Banker in diesen Tagen: Wir brauchen den Tabubruch, aber nur für begrenzte Zeit.
Rekordrendite für italienische Anleihen
Doch wie lange soll diese Zeit andauern? „Diese sogenannte Übergangszeit könnte man nicht mehr beenden“, warnt Burghof. „Wenn das System einmal auf Droge ist, kommt es nicht mehr runter.“ Sparzusagen der Krisenländer seien nichts mehr wert, sobald die EZB sie entlaste. „Der einzige Mechanismus, der ein Land fiskalisch disziplinieren kann, ist der Markt – und den versucht man gerade außer Kraft zu setzen.“
Am Freitag schnellten die Renditen für italienische Staatsanleihen auf neue Höchststände. Zinsen von 7,8 Prozent – das gibt all jenen Rückenwind, die eine Vergemeinschaftung der Risiken gern als „alternativlos“ bezeichnen.
Doch dass ein bestimmter Zinssatz nicht tragbar ist, ist kein Naturgesetz – es gehe um Psychologie, sagt Princeton-Professor Brunnermeier: „Was als sicherer Hafen angesehen wird, ist eine reine Übereinkunft zwischen den Marktteilnehmern. Wenn alle daran glauben, erfüllt sich die Erwartung von selbst.“ Man brauche vor allem einen glaubwürdigen, langfristigen Plan. Nicht einmal die Gegner einer EZB-Intervention sind sich sicher, dass ein Plan ohne die Zentralbank das noch leisten kann. Aber sie würden ihm gerne eine Chance geben.
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Kategorie: Meine Artikel | Hinzugefügt von: sorvynosov (27.11.2011)
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