Das Misstrauen im Finanzsystem ist so hoch wie nie: Über Weihnachten schwoll die „Angstkasse“ der Banken bei der EZB auf rund 411 Milliarden Euro an.
So viel Geld haben die Kreditinstitute noch nie bei der Europäischen Zentralbank (EZB) geparkt – und das, obwohl sich viele Geldhäuser noch kurz vor den Feiertagen bei der EZB mit der gigantischen Summe von fast einer halben Billion Euro eingedeckt hatten und es bei der EZB so gut wie keine Zinsen gibt: Der Zinssatz für die so genannte Einlagefazilität liegt aktuell nämlich bei gerade einmal 0,25 Prozent.
Fachleute sehen in der enormen Summe, die nun bei der EZB eingeliefert wurde, ein Beleg für den hohen Stress des Bankensystems.
Am Freitag hatten sie noch fast 65 Milliarden Euro niedriger bei 347 Milliarden Euro gelegen. Zuletzt erreichten die Einlagen einen Rekord im Sommer 2010 bei knapp 385 Milliarden Euro. Die eintägigen Ausleihungen der Banken bei der EZB sanken zwar den Angaben zufolge leicht von 6,3 Milliarden auf 6,1 Milliarden Euro. Das aktuelle Niveau ist aber deutlich höher als üblich. Die eintägigen Einlagen und Ausleihungen der Banken bei der EZB sind ein Indikator für das Misstrauen der Institute untereinander. Normalerweise greifen die Institute kaum auf diese sehr kurzfristigen Geschäfte mit der Notenbank zurück, da die Konditionen ungünstig sind.
In der vergangenen Woche hatte die EZB in einem Dreijahreskredit ein Volumen von fast 500 Milliarden Euro an Banken der Eurozone ausgeschüttet. Nach Einschätzung von Experten wird ein Großteil dieses Geld nun über Nacht bei der EZB geparkt.
Für gewöhnlich versorgen sich die Banken lieber untereinander mit Zentralbankgeld. Dieser Handel am sogenannten Interbankenmarkt ist aber - ähnlich wie in der Finanzkrise 2008 - erneut gestört.
Ausschlaggebend sind die Schuldenkrise und das starke Engagement einzelner Institute in Staatsanleihen angeschlagener Euro-Staaten. Wegen der aktuell hohen Unsicherheit parken die Banken reichlich Liquidität bei der EZB, selbst unter Inkaufnahme von Zinsverlusten.